Er gehörte zu den Vorzeige-Unternehmern der Fuggerstadt Augsburg. Doch vor wenigen Tagen musste Raimund Seibold, Gründer des Fahrrad-Bringdienstes Boxbote, Insolvenz anmelden. Die Gründe sind vielfältig: Zusätzliche Belastungen während der Corona-Pandemie, Ukraine-Krise, Erhöhung des Mindestlohns.
Doch mir bleibt eine Bemerkung im Ohr, die ich in einem Interview gelesen habe, das Seibold dieser Tage gegeben hat: „Auf der einen Seite wurden wir immer für unser emissionsarmes Konzept gelobt, mit dem wir auch den lokalen Handel unterstützen. Auf der anderen Seite erreicht der Support schnell seine Grenzen, wenn wir ein bis zwei Cent mehr kosten als die klassischen Paketdienstleister.“
Wenn überall die Preise explodieren, mag man auf den ersten Blick niemanden tadeln, der grundsätzlich die günstigste Alternative wählt und Nachhaltigkeit erst einmal hintanstellt. Das betrifft sogar die Nahrungskette. Laut einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland vom vergangenen Jahr gaben 30 Prozent der befragten Verbraucher an, weniger Bioprodukte zu kaufen. Weniger regionale Produkte legen demnach aktuell 21 Prozent der Kunden in ihren Warenkorb. Bio ist teuer, und das Geld ist knapp.
Fatales Signal
Auf der anderen Seite wird sich in Sachen Nachhaltigkeit nicht viel tun, wenn alle immer auf bessere Zeiten warten. Es wäre ein fatales Signal, den schonenden Umgang mit Ressourcen und die Vermeidung von CO2-Emissionen als entbehrlichen Luxus einzustufen, den man sofort zur Disposition stellt, wenn andere Unternehmensziele wichtiger scheinen.
So hat der französische Verpackungsspezialist RAJA jetzt eine Luftpolster-Versandtasche auf den Markt gebracht, die komplett aus recyclingfähigem Kraftpapier besteht. Sie kostet, so gibt RAJA unumwunden zu, zehn Prozent mehr als die konventionelle Konkurrenz mit einem Innenleben aus Plastik. Hand aufs Herz: Wer kauft in Zeiten knapper Budgets freiwillig teurere Verpackungsmaterialien, wenn es nicht unbedingt sein muss?
Die Pflicht zum Nachhaltigkeitsbericht kommt
Aber es muss sein. Spätestens 2026 – das ist in drei Jahren – werden auch kleinere Händler dazu verpflichtet werden, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Und der nächste Schritt ist bereits absehbar: Nachdem alle CO2-Emissionen erst einmal erfasst sind, wird es darum gehen, sie zu senken. Versandtaschen aus Papier statt aus Plastik können dabei helfen. Fahrradkuriere statt konventioneller Diesel-Lieferwagen ebenso.
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